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eine Burg erbauten und sie zu Ehren der Heiligen Jungfrau, ihrer
Schutzherrin, die Marienburg nannten, mochte es kaum von vorn-
herein beabsichtigt gewesen sein, sie als den Mittelpunkt der da-
mals bereits gesicherten Herrschaft über das Bernsteinland zu er-
richten; aber die Vorzüge der bewundernswerten Lage mussten
bald ins Auge fallen. Während Danzig der Nähe des Meeres, der
Ader eines gewaltigen Stroms, dem Zusammentreffen von Höhe
und Niederung seine bedeutende handelswichtige Lage verdankt,
musste bei der Marienburg der Gesichtspunkt für den Handel Ver-
Marienburg.
waltungs- und militärischen Zwecken untergeordnet bleiben. Dieser
Sitz der Ordensherrschaft war von Thorn und Königsberg etwa
gleich weit entfernt, stand mit beiden durch das Haff, die Nogat
und die Weichsel in Verbindung, gestattete über Elbing und
Marienwerder einen leichten und ungestörten Verkehr mit den inneren
Landschaften und den daselbst angelegten Burgen, denen rasch
Truppen zugeführt werden konnten, eröffnete aber zugleich west-
wärts eine grossartige Aussicht von künftigen Erwerbungen und
Erweiterungen; Danzig mit seiner Weltstellung dämmerte am
fernen Gesichtskreise, und das Meer mit seiner Unendlichkeit stand
wenigstens vor dem geistigen Auge da. Überhaupt hat es von
jeher in der Staatskunst einer erobernden Macht gelegen, den Sitz
ihrer Herrschaft nicht in den Mittelpunkt des bereits bezwungenen
Landes (dieser wäre hier etwa Elbing gewesen), sondern da anzu-
legen, wo der Blick auf die noch zu überwältigenden Landschaften
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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383
157. Die Entstehung und Entwicklung der Eisenbahnen.
In allen Teilen unseres Vaterlandes sehen wir die Eisenbahnen
in schönster Entwicklung und regster Tätigkeit. Die großen Schienen-
stränge der Hauptlinien verzweigen sich in die einen geringeren Verkehr
bewältigenden eingeleisigen Strecken, und selbst in die kleinen Täler
hinein reichen und greifen diese Leben weckenden Verkehrsadern als
Sekundär- und Kleinbahnen. Ein Netz von Bahnen durchzieht dem-
nach das ganze Land und spendet ihm seine Wohltaten, indem es
durch Lokomotiven Personen in großer Zahl und Güter in ungeheuren
Mengen auf den glatten Schienenwegen schnell befördert. Willst du,
lieber Leser, von der Größe und dem Reichtum jener Wohltaten dich
überzeugen, so versetze dich im Geiste um achtzig Jahre in die Zeit
zurück, der dieses Verkehrsmittel noch fremd war, und denke dir die
gesamte Wirksamkeit der Eisenbahnen hinweg. Das gibt ein eigen-
artiges, fremdes Bild, dessen einzelne Züge so klar vor dir stehen
dürften, daß ich es mir ersparen kann, sie hier zu zeichnen. Wenn
du alle in Betracht kommenden Verhältnisse überschaust und prüfst,
so erkennst du, wieviel Gutes und Schönes unsere Voreltern entbehren
mußten. Und doch waren sie mit ihren Verhältnissen zufrieden; denn
die Gewohnheit ist die Nährmutter der großen Menge, und in dem
Gefühle der Befriedigung, das sie gewährt, hemmt sie das Vorwärts-
ftreben und Fortschreiten. Mit tausend Fasern wurzelt der Mensch
im Althergebrachten und mit großer Zähigkeit klebt er am Gewohnten.
Die Kehrseite dieser Tatsache sind das Mißtrauen gegen das Neue,
das Zurückweisen der Fortschritte und die Feindschaft selbst gegen
Verbesserungen. Unsere große Wohltäterin, die Eisenbahn, hat in
reichem Maße diese merkwürdigen Blüten des menschlichen Geistes und
Gemütes zu kosten gehabt. Wo die Neueinrichtung einer Bahn ge-
schehen sollte, verschloß man sich gegen ihre Vorzüge, übertrieb man
ihre Nachteile und ließ man der Einbildungskraft zur Erzeugung von
Schreckgespensten freien Spielraum. Es kann nicht geleugnet werden,
daß der Bahnverkehr die Fuhrleute schädigte, die Chausseegeldeinnahmen
verringerte und manchen anderen Berufszweig benachteiligte oder gar
außer Tätigkeit setzte und vernichtete, und wir verstehen die Feindschaft
und den Kampf aller der Leute, denen die Eisenbahn den Verdienst
schmälerte oder sogar das Brot raubte. Weniger verständlich ist es,
wenn damals ein Mann in hoher Stellung in der Eisenbahn nur
ein höchst beschränktes und untergeordnetes Verkehrsmittel erblickte,
und wenn die preußische Regierung, als zu gleicher Zeit der Bau der
Bahnen Berlin-Anhalt, Berlin.leipzig und Berlin-Magdeburg geplant
war, erklären ließ, sie habe ganz genau den Gesamtverkehr zwischen
diesen Orten festgestellt und sich überzeugt, daß er nicht eine
einzige Linie ernähren könne. Zum Lachen reizt uns aber die
bewegle Warnung des bayerischen Obermedizinalkollegiums, daß der
Dampfbetrieb sowohl bei den Reisenden als auch bei den Zuschauern
unfehlbar schwere Gehirnerkrankungen erzeugen werde, und die ernste
Forderung, zum Schutze der Zuschauer den Bahnkörper mit einem
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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385
zuerst befahren. Es ist dieses das Geburtsjahr der Loko-
motiveneisenbahn.
Von nun an begann der Triumphzug der Lokomotive über den
ganzen Erdball. Auch in Deutschland hatten neben den Zweiflern
und Nörglern einsichtsvolle Männer schon früh in ahnungsvoller
Voraussicht die große Bedeutung der Eisenbahnen erkannt. Ein
Elberfelder schrieb 1825 in einer Denkschrift: „Möge dem Vaterlande
bald die Zeit kommen, wo der Triumphwagen des Gewerbefleißes,
mit rauchenden Kolossen bespannt, dem Gemeinsinne Wege öffnet."
Ein Sachse (Friedrich List), dem in der Geschichte des Eisenbahnwesens
eine hervorragende und ehrenvolle Stelle gebührt, veröffentlichte 1835
eine Schrift, in der er mit begeisterungsvollen Worten den Plan ent-
wickelte, „sein Vaterland durch den Ausbau eines großen Eisenbahn-
netzes auf die Stufe der gewerbfleißigsten Länder zu heben und durch
die Eisenbahnen die getrennten Glieder des deutschen Volkes zu einem
streitbaren und kraftvollen Körper zu verbinden". Seine weit voraus-
greifende Weissagung ist glänzend in Erfüllung gegangen. Die erste,
allerdings nur 6 km lange Eisenbahn in Deutschland wurde 1835
von Nürnberg nach Fürth gebaut. Die Anregung und Durchführung
dieses Unternehmens ist besonders einem einsichtsvollen Nürnberger
(Johannes Scharrer) zu verdanken, der alle Vorurteile und Hemmnisse
mit unerschütterlicher Tatkraft zu überwinden verstand und in echt
vaterländischer Gesinnung seinen Stolz darein setzte, das Unternehmen
möglichst unabhängig vom Ausland durchzuführen. Die Schienen
wurden in Deutschland gewalzt und die Wagen in Nürnberg gebaut.
Nur die erste Lokomotive wurde von Stephenson bezogen. Die
Berlin-Potsdamer Eisenbahn wurde 1838 eröffnet. Die erste größere
Eisenbahn von Leipzig nach Dresden wurde im Jahre 1839 in ihrer
ganzen Länge dem Betrieb übergeben. Die erste Staatsbahn in
Deutschland entstand im Jahre 1838 im Braunschweigischen. Heute
ist der überwiegende Teil der Eisenbahnen in Deutschland in den
Händen des Staates; aber der Betrieb geschieht, mit Ausnahme
Elsaß-Lothringens, nicht für Rechnung des Deutschen Reiches, sondern
der größeren Einzelstaaten.
Mit der zunehmenden Ausbreitung wurden die Eisenbahnen auch
in unablässig fortschreitender Weise vervollkommnet. Man erstrebte
vor allem größere Sicherheit des Reifens. Durch die Vermehrung
der Geleisanlagen, praktische Einrichtung der Weichen, Verbesserung
der Bremsen und Ausbildung des Signalwesens hat der Betrieb eine
solche Sicherheit erhalten, daß Unglücksfälle verhältnismäßig äußerst
selten vorkommen. Die Sicherheit ist auf den Eifenbahnen erheblich
größer als auf den Landstraßen. In Frankreich kam in der Zeit von
1840 bis 1886 bei Reisen mit der Post durchschnittlich auf je 355 000
Reisende ein Getöteter und auf je 30 000 Reisende ein Verletzter,
während auf den Eisenbahnen durchschnittlich erst auf 7 Millionen
Reisende ein Getöteter und auf l*/4 Millionen ein Verletzter kam.
Daraus geht hervor, daß man auf den Eisenbahnen etwa zwanzigmal
so sicher reist als auf den Landstraßen. Was man in den Eisenbahn-
Scharf, Lesebuch. 25
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_List Friedrich Johannes_Scharrer
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Nürnberg Deutschland Nürnberg Leipzig Dresden Deutschland Deutschland Frankreich
387
Der größte Erdteil, Asien, zählt nur 49 764 km, hat also weniger als
Deutschland allein. Australien steht mit 23 014 km noch vor Afrika,
das nur 15 94 8 km, etwas mehr als Italien, aufweist. Afrika und
Australien haben zusammen noch nicht so viel Eisenbahnlänge wie
Frankreich. Von den 790145 km Bahnlänge, die den Erdball über-
ziehen, gehören Europa 36 Prozent, während allein auf die Vereinigten
Staaten 40,5 Prozent entfallen. Die Gesamtlänge der Eisenbahnen
des ganzen Erdballs ist so groß, daß sie neunzehnmal den Erd-
äquator umspannen könnte und ungefähr dem mittleren Durchmesser
der Mondlaufbahn gleichkommt. Die vorstehende Zahlenzusammen-
stellung ist außerordentlich lehrreich und gibt viel zu denken. Sie lehrt
vor allem, daß der Eisenbahnbau in den fernen Erdteilen, der kommen
wird und muß, noch gewaltige Verschiebungen in der Weltwirtschaft
bringen wird, von denen wir heute kaum mehr als eine Ahnung haben.
Bis jetzt ist im Eisenbahnbau am meisten da geleistet worden, wo die
angelsächsische Rasse eingedrungen ist, während die Russen diesem
Vorbilde nur spät und langsam gefolgt sind.
Roch eins möchte der freundliche Leser jedenfalls gern erfahren:
welchen Kostenaufwand das Eisenbahnnetz der Erde verursacht hat?
Erfahrene Leute und tüchtige Rechner haben auch diese Frage gelöst.
Mit Erstaunen wirst du aber ihre Antwort vernehmen. Du weißt
doch, wieviel eine Milliarde ist! Es sind eintausend Millionen. Und
die Anlagekosten der Eisenbahnen der Erde haben die unermeßliche
Summe von mehr als 150 Milliarden Mark betragen.
Nach Prof. Launhardt und Prof. Dr. W. Loh.
158. Die Elbe und ihre -Schwestern als Verkehrsstraßen.
Unter allen deutschen Strömen ist die Elbe für den Binnenhandel
der wichtigste; denn sie vereinigt alle Eigenschaften, die man an
einen guten Schiffahrtsstrom stellen muß. Sie mündet in ein offenes
Weltmeer, verfolgt auf dem größten Teile ihres Weges einen geraden
Lauf und hat schon im Anfange ihres Mittellaufes ein geringes Gefälle.
In regenarmen Sommern hat sie wohl manchmal mit niedrigem Wasser-
stande zu kämpfen, und in strengen Wintern ist sie drei bis vier
Monate mit Eis bedeckt, aber sie gestattet doch selbst unter ungünstigen
Verhältnissen drei Viertel des Jahres einen ununterbrochenen Betrieb
der Schiffahrt.
Die Elbe entspringt in einer Höhe von 1400 m aus mehreren
unscheinbaren Brunnen auf dem Südabhange des Riesengebirges und
eilt anfangs raschen Laufes nach Süden. Bei Pardubitz wendet sie
sich nach Westen, und bei Kolin schlägt sie eine nordwestliche Richtung
ein, die sie im großen und ganzen bis zu ihrer Mündung beibehält.
Bei Melnik nimmt sie die wasserreiche Moldau auf, und bald darauf
durchbricht sie das Elbsandsteingebirge und tritt in Deutichland ein,
wo sie sich zu einem ansehnlichen Strome entwickelt. Links fließt ihr
die Saale, rechts die durch die Spree verstärkte Havel zu. Durch diese
25*
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
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Extrahierte Ortsnamen: Asien Deutschland Afrika Italien Afrika Frankreich Europa Deutichland
Viii. Verkehrswege und Aerkekrsmiiiet.
„Unsere Zeit steht im Zeichen des Verkehrs."
153. Die alten Verkehrswege.
„-----Jeder treibt
sich an dem andern rasch und fremd vorüber,
und fraget nicht nach seinem Schmerz. — Hier geht
der sorgenvolle Kaufmann und der leicht
geschürzte Pilger — der andächt'ge Mönch,
der düst're Räuber und der heit're Spielmann,
der Säumer mit dem schwerbelad'nen Roß,
der ferne herkommt von der Menschen Ländern;
denn jede Straße führt ans End' der Welt."
Schiller.
Jahrtausende vergingen, bevor die Menschheit dahin gelangte, dem
Verkehr durch Straßen regelmäßige Bahnen zu schaffen. Im Zeitalter
ihrer Kindheit genügte den Völkern der durch den Urwald führende
Fußsteg, wie die Befahrung der Flüsse mittels einfacher Flöße oder
mit dem zu einem Kanoe ausgehöhlten Baumstamm. Nachdem aber
der Mensch den Gebrauch des Pferdes und Maultieres schätzen gelernt
hatte, wurde der Fußsteig zum Saumpfad, und als er den Vorteil des
Rades erkannt und damit die Anfänge des Wagenbaues gemacht hatte,
da bildeten sich bald die Saumpfade zu Fahrwegen aus.
Auch diese gingen lange Zeit über ihre ursprüngliche Anlage und
Bestimmung nicht hinaus: sie dienten der einfachsten Kommunikation
(Verbindung) von Haus zu Haus, von einem Orte zum nächsten.
Als die Staatenbildung begonnen hatte, als infolgedessen Krieg
und Handel anfing, die Menschen weit über die Grenzen ihrer Wohn-
stätten hinauszuführen, als zugleich mit der Hebung des Feldbaues
der steigende Bodenwert das noch jetzt auf den Pußten Ungarns, den
Ebenen Südamerikas übliche Querfeldeinfahren über Äcker und Wiesen
einschränkte, da mußte bald für Unterhaltung der immer lebhafter
benutzten Fahrwege seitens des Staates etwas getan werden. So
entstanden die Straßen. Zuerst waren diese nicht anders beschaffen,
als wir sie heute noch in wenig kultivierten Ländern treffen. Indessen
begnügten sich Handel und Verkehr nicht lange damit, und so wurden
sie schon frühzeitig in Ägypten mit Wassergräben versehen, bei den
syrischen Völkern nach der Mitte zu erhöht und bei den Griechen mit
großen Steinen beschüttet oder belegt. Schon die Etrusker pstasterten
ihre Straßen mit Basalt auf Kiesschutt und versahen sie auf beiden
Seiten mit Fußwegen.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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391
Breslau für große Oderkähne schiffbar. Von Stettin ab, wo die
Oder den Dammschen See bildet und dann mit 3 Armen in die
Ostsee mündet, verkehren auf ihr Seeschiffe.
Die Weser, ein echt deutscher Strom, der von seiner Quelle bis
zur Mündung rein deutsches Gebiet durchfließt, und von dessen Neben-
flüffen auch kein einziger die fremden Laute eines anderen Volkes zu
hören bekommt, ist für die Schiffahrt von nur untergeordneter Be-
deutung; denn einmal ist ihr Lauf an und für sich nicht lang, und
zum anderen fehlt es ihr an den nötigen Kanalverbindungen mit dem
Rhein und der Elbe. An ihrem Unterlaufe liegt Bremen mit einem
wichtigen Handelshafen und dem Hauptsitze der Schiffahrtsgesellschaft
„Norddeutscher Lloyd."
Der Rhein hat vor den genannten deutschen Strömen den Vorzug,
daß er als Alpenfluß von den Gletschern gespeist wird und daher
jederzeit einen mehr gleichmäßigen Wafferstand hat als jene; auch wird
er infolge der milderen Winter des Westens nur kurze Zeit vom
Eise gefesselt. Ungünstig dagegen ist der Umstand, daß er keine ein-
heitliche Mündung hat, sondern, in viele Arme geteilt, sich ins Meer
ergießt. Gleichwohl sind der Rhein und seine User die große Handels-
und Reisestraße zwischen Süden und Norden, zwischen Holland und der
Schweiz, England und Italien, die eine um so größere Bedeutung
erhält, je inniger und lebendiger die Berührungen aller Art zwischen
den verschiedenen Gliedern des europäischen Staatensystems werden.
Gegenwärtig befahren den Rhein mehr als 100 Dampfschiffe der
Kölner, Düsseldorfer und Niederländischen Aktiengesellschaften, und
daneben bestehen auch noch 10 Dampfschleppschiffahrtsgesellschaften.
1896 berührten Emmerich auf der Talfahrt 13982 beladene Schiffe
mit 3270000 Ton. Ladung und auf der Bergfahrt 14632 beladene
Schiffe mit 6 265000 Ton. Ladung; allerdings gehen die meisten dieser
Frachtdampfer nur bis Köln, so daß der deutsche Schiffahrtsverkehr
auf dem Rhein in seiner Gesamtheit hinter dem Elbverkehr zurückbleibt.
Dafür aber ist und bleibt der Rhein Deutschlands sagenumwobener
Strom, den stolze Burgen und rebenbepflanzte Gelände begrüßen.
Teilw. nach Voigt u. a.
159. Der Kaiser Wilhelm-Kanal.
Am 3. Juli 1887 war es, um die zehnte Stunde vormittags,
daß der greise Kaiser Wilhelm der Große auf dem Festplatze bei
Holtenau den Stahlhammer hob und, das ehrwürdige Haupt ent-
blößend, mit fester Hand drei Schläge auf den Grundstein führte, der
die Eröffnung der Arbeiten am Nordostseekanal versinnbildlichte. Er
tat es mit den Worten: „Zu Ehren des geeinigten Deutschlands! Zu
seinem fortschreitenden Wohle! Zum Zeichen seiner Macht und
Stärke!" An der gleichen Stätte wurde acht Jahre später, am
18. Juni 1895 angesichts der festlich geschmückten Geschwader, die
fast alle seefahrenden Nationen nach der Kieler Förde entsendet hatten.
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Lloyd Voigt Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Breslau Stettin Ostsee Rhein Rhein Rhein Holland Schweiz England Italien Rhein Niederländischen Rhein Rhein_Deutschlands Holtenau Nordostseekanal Deutschlands
393
stoßes aneinander vorüberfahren. Nachts wird der Kanal durch
elektrische Lampen erhellt, die 260 m voneinander entfernt sind;
bei Krümmungen ober stehen sie noch näher aneinander. Die Fahrt
durch den Kanal erfordert bei vorgeschriebener Geschwindigkeit
13 Stunden; Dampfer gehen dabei mit eigener Kraft, Segler dagegen
müssen von kleinen Dampfschleppern gezogen werden.
Vier Eisenbahnlinien kreuzen den Kanal; zwei davon führen auf
Hochbrücken über ihn dahin, zwei andere auf Drehbrücken. Den
übrigen Verkehr über den Kanal vermitteln an verschiedenen Stellen
Fähren, im ganzen 17.
Der Kanal ist für Deutschland von unberechenbarem Vorteile,
wenn auch in erster Linie für die Landesverteidigung. Ungesehen
vom Feinde kann die deutsche Flotte ihre Schiffsmacht in kurzer Zeit
entweder in der Ostsee oder in der Nordsee zum Kampfe vereinigen.
Von Kiel aus, dem Kriegshafen an der Ostsee, erreicht ein Ge-
schwader durch den Kanal in 16 Stunden die Helgoländer Bucht
und vermag Hamburg zu schützen oder die Kriegsschiffe von
Wilhelmshaven, dem deutschen Kriegshafen an der Nordsee, zu unter-
stützen. Für die Verteidigung unserer Küsten hat also der Kanal,
um mit Feldmarschall Moltke zu reden, „den Wert unserer Flotte
verdoppelt".
Die Würdigung der militärischen Bedeutung des Kanals kann
aber seinen wirtschaftlichen Wert nicht verringern. Hier kommt zu-
nächst die Abkürzung der Fahrt zwischen den wichtigen Hafenplätzen
an der Nord- und Ostsee in Betracht. So beträgt z. B. die Er-
sparnis für alle Schiffe, die von Hamburg nach Häfen östlich von
Rügen fahren, 425 Seemeilen oder 45 Stunden, von Bremerhaven
aus nach den gleichen Orten 323 Seemeilen oder 32,6 Stunden und
von London aus 239 Seemeilen oder 22 Stunden. Zu dieser Weg-
und Zeitersparnis kommt ferner die Sicherheit der Fahrt. Anerkannter-
maßen ist der Weg um das Kap Skagen, die Nordspitze Dänemarks,
äußerst gefahrvoll, so gefahrvoll, daß die Versicherungsgesellschaften
für diese Strecke besonders hohe Prämien fordern. In den Jahren
1858 — 1875 gingen bei der Nord-Ostseefahrt in den dänisch-schwedischen
Gewäffern 6316 Schiffe zugrunde und mit ihnen Tausende von
Mannschaften und Millionen von Mark an Güten: und Schiffsmaterial.
Die Fahrt durch den Kanal dagegen ist vollständig gefahrlos, und
darum ist mit Sicherheit anzunehmen, daß sie allmählich von den
meisten Schiffen dem Wege um Kap Skagen vorgezogen werden wird.
Endlich wird der Kanal auch durch die erleichterte Verbindung
zwischen dem Osten und Westen unseres Vaterlandes den Verkehr
zwischen beiden Gebieten fördern und beleben; unser im wesentlichen
getreidebautreibender Osten kann dem Westen seinen Überschuß an
Landesprodukten billiger und schneller als bisher zuführen, und der
Westen erschließt sich für seine Industrien und seinen Kohlenbergbau
neue Absatzquellen, ganz besonders für seine Steinkohlen, die bisher
infolge der erdrückenden englischen Konkurrenz dort kaum absatzfähig
waren. Schon jetzt läßt sich der Einfluß des Kanals auf diesen
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee]]
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72
noch heute das Auf- und Absteigen seiner Handelsbedeutung. Als
Breslau vor etwa hundert Jahren der überseeische Markt Westindiens
für die Ausfuhr der Haupterzeugnisse des Landes, Wollen- und Leinen-
waren, durch die übermächtige Konkurrenz Englands und durch die
Baumwollenindustrie entrissen wurde, suchte und fand es in der ver-
möge der umfangreichen Förderung der unterirdischen Schätze Ober-
schlesiens gesteigerten Metallwarenindustrie Ersatz.
Die Verkehrswege sind für eine Stadt wie Breslau von der
größten Bedeutung. Die natürliche Wasserstraße der Oder, die
mehr als die anderen Hauptströme Deutschlands ein Kind der Ebene
ist, hat ein weder genügend gleichmäßiges noch zuverlässiges Strom-
bett und bedarf unausgesetzter Regelung, wenn die Schiffahrt nicht
stocken soll. Die Landverbindungen sind deshalb wichtiger.
Nach Oberschlesien und zu seinen Kohlen- und Erzrevieren führen zwei
Schienenwege: die oberschlesische Eisenbahn, größtenteils auf der linken
Seite der Oder bis Oderberg, die rechte Oderufer-Eisenbahn geht nahe
der russischen Grenze bis Oswiecim. Eine dritte Linie geht längs des
Gebirges über Neiße nach Troppau zu. Über Oderberg führt zugleich
der kürzeste Weg durch Mähren nach Wien und Triest; durch den
Jablunkapaß gelangt man nach Ungarn bis Pest. Über Myslowitz
geht es über Krakau und Lemberg bis zur Donaumündung, mit Ab-
zweigungen nach Bukarest und Odessa. Schienenwege nach Mähren
und Böhmen öffnen sich auch durch die Grafschaft Glatz, das Walden-
burger Bergland und den Landeshuter Paß. Die Ostbahn verzweigt
sich in Öls nach Gnesen und Thorn und in Thorn nach Danzig und
Königsberg, während die Posener Bahn von Posen ab auch nach
Preußen und Pommern mehrere Stränge entsendet. Den ältesten Weg
nach Berlin bildet die Niederschlesisch-Märkische Bahn über Liegnitz
und Frankfurt a. O. Eine andere Strecke führt über Glogau nach
Frankfurt und Stettin. Eine dritte Linie geht von Liegnitz westwärts
über Horka und Kottbus nach Berlin und verbindet Breslau auch mit
Dresden-Leipzig-Halle und mit Magdeburg-Hannover. Die schnellste
Verbindung nach Hamburg und Bremen führt über Berlin, die nach
Bayern über Prag.
In dem Charakter seiner Anlage, dem Grundriß seiner
Straßenzüge und mit seinen zahlreichen gotischen Kirchen verrät
Breslau dem Fremden auf den ersten Blick seine mittelalterliche
Entstehungszeit. Den Kunstcharakter der späteren geistlichen und
weltlichen Bauten im inneren Stadtkern und die dadurch hervor-
gebrachte Physiognomie der Straßen bestimmen die Spätrenaissance
und das Barock, während die neuen Straßenzüge der Vorstädte und
der die inneren und äußeren Stadtteile erfüllende lebhafte Verkehr
den Eindruck der modernen Großstadt hervorrufen. Die Verbindung
des nicht schroff aufeinander stoßenden, sondern bequem sich ineinander
fügenden Alten und Neuen gibt der Stadt für den aufmerksamen Be-
obachter etwas Anziehendes. Die Übersichtlichkeit der ganzen Bau-
anlage, die durch einige sich kreuzende lange, wenn auch nicht
gerade Linien und insbesondere durch die deutliche Abgrenzung des
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
TM Hauptwörter (100): [T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer]]
TM Hauptwörter (200): [T130: [Elbe Stadt Sachsen Provinz Saale Kreis Schlesien Elster Neiße Magdeburg], T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen]]
Extrahierte Ortsnamen: Breslau Englands Breslau Deutschlands Oberschlesien Oderberg Oswiecim Troppau Oderberg Wien Triest Ungarn Krakau Lemberg Bukarest Odessa Gnesen Thorn Thorn Danzig Königsberg Posen Berlin Liegnitz Frankfurt Glogau Frankfurt Stettin Liegnitz Berlin Breslau Hamburg Berlin Bayern Breslau